Klimawandel fordert Küstenland heraus

10.08.2015 0 Kommentare
Sommer 2015 © INGO WAGNER, dpa
Der Sommer 2015 ist gekennzeichnet von Wetterkapriolen. (INGO WAGNER, dpa)

Der Umweltminister fordert eine Klima-Risikoanalyse für Niedersachsen. Ein Kompetenzzentrum soll wissenschaftliche Erkenntnisse zum Klimawandel bündeln. Die vor einem Jahr gegründete Klimaschutzagentur berät bereits heute Kommunen, Betriebe und Bürger in Klimafragen. Darüber hinaus will das Land seine Klimaschutzziele zur Kohlendioxidreduktion erstmals in einem Gesetz festschreiben, um den Treibhauseffekt abzumildern.

Die Landwirtschaft leidet besonders unter den Wetterkapriolen. So hat der niedersächsische Bauernverband Landvolk seine Prognose für die diesjährige Getreideernte nach der Trockenheit deutlich nach unten korrigiert. Mit sechs Millionen Tonnen Getreide wird eine allenfalls durchschnittliche Ernte erwartet. „Ohne Beregnung können wir den Ackerbau nordöstlich von Hannover einstellen“, sagt denn auch der Pflanzenbau-Experte des Landvolks Jürgen Hirschfeld. Das Umweltbundesamt sagt für Niedersachsen voraus, dass die Niederschläge bis 2050 im Sommer um zehn Prozent abnehmen.

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In den Mastbetrieben hat die Hitzewelle Anfang Juli mehr als 40 000 Puten, mehr als 100 000 Hühner und fast 2000 Schweinen dahingerafft. Das geht aus Hochrechnungen der Tierkörperbeseitigungsanstalten hervor. Agrarminister Christian Meyer (Grüne) setzt auf ein verbessertes Stallmanagement, um den Folgen den Klimawandels in den Nutztierbeständen zu begegnen. Der Deutsche Tierschutzbund fordert mehr Belüftung und weniger Tiere pro Stall.

Nachdem Niedersachsen in den Vorjahren mit Überschwemmungen in den Flussgebieten zu kämpfen hatte, meldeten die Talsperren in diesem Jahr Niedrigwasser. Einer der größten Trinkwasserversorger im Land, der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband (OOWV) in Brake forderte seine Kunden Anfang Juli erstmals zu einem sparsamen Wasserverbrauch auf, nachdem es im Landkreis Vechta bereits zu Versorgungsengpässen mit Trinkwasser gekommen war.

Mit dem Meeresspiel steigt die Gefahr von Sturmfluten an der Küste. 1,2 Millionen Niedersachsen wohnen in potenziellen Überschwemmungsgebieten. In einer Online-Befragung von 1763 Bürgern , waren sich die meisten Befragten der Hochwassergefahr bewusst, aber nur jeder fünfte hatte Vorkehrungen getroffen. Die Bevölkerung verlässt sich offenbar auf einen funktionierenden Katastrophenschutz. In diesem Jahr gibt Niedersachsen mehr als 60 Millionen Euro für den Küstenschutz aus.„Im Hinblick auf den Klimawandel berücksichtigen wir schon heute bei Deicherhöhungen und Deichneubauten ein auf 50 Zentimeter verdoppeltes Vorsorgemaß für den Meeresspiegelanstieg“, sagt Umwelt-Staatssekretärin Almut Kottwitz. Die Notwendigkeit der „Klimareserve“ beim Deichbau wird durch die jüngste Prognose des Weltklimarates unterstrichen. Dieser geht davon aus, dass der Meeresspiegel noch in diesem Jahrhundert um 82 Zentimeter ansteigen könnte.

Steigende Temperaturen könnten künftig auch den Betrieb der Atomkraftwerke beeinträchtigen. Anfang Juli wäre es in Grohnde fast zur Abschaltung gekommen, so Umweltminister Wenzel. Das Kraftwerk bezieht sein Kühlwasser aus der Weser. Wegen der Hitzewelle lag die Temperatur des Flusses nur noch 1,6 Grad Celsius unter dem Grenzwert von 28 Grad. Wenzel sprach von einer „kritischen Situation“, Kraftwerksbetreiber Eon hingegen von möglichen Leistungseinschränkungen. Über 28 Grad Wassertemperatur sinkt der Sauerstoffgehalt des Flusses so sehr, dass Pflanzen und Tiere Schaden nehmen können – ihnen geht also die Luft aus.

Niedersachsen will nicht länger auf die Klimaschutzpolitik des Bundes bauen, sondern ein eigenes Gesetz erlassen. Darin sollen erstmals eigene Ziele zur Reduktion der Kohlendioxidemissionen festgeschrieben werden. Bis zum Jahr 2050 soll sich Niedersachsen weitgehend mit erneuerbaren Energien versorgen. Um mit gutem Beispiel voran zu gehen, will das Land seine öffentlichen Gebäude energetisch sanieren. Und im Umweltministerium dürfen künftig nur noch umweltfreundliche Dienstwagen gefahren werden.

Hier der Link zum Artikel: http://www.weser-kurier.de/region_artikel,-Klimawandel-fordert-Kuestenland-heraus-_arid,1183069.html

Quelle: Weserkurier vom 10.08.2015

 

Kommentar IGUVW:

1.  Der OOWV geht in seinem Wasserrechtsantrag für Holdorf von 2011 noch von „20% Häufigkeit“ ( sprich jedes 5. Jahr!) bzgl. der klimatischen Trockenjahre aus. Dies wurde in den letzten  Jahren durch die Realität eindrücklich widerlegt. In unseren Einwendungen gegen den Wasserrechtsantrag hatten wir bemängelt, dass der OOWV den Klimawandel nicht berücksichtigt.

Gleichzeitig wurde eine Beregnung der beeinträchtigten Flächen gefordert.

 

2.  Für 2013 hat der OOWV erstmals Ertragsdepressionen durch Wasserabsenkung dokumentiert, diese wurden bis heute (30.8.2015) noch nicht ausgeglichen.

Auch in 2015 haben wir deutliche Ertragsdepressionen durch Grundwasserabsenkung beim Getreide (bes. Triticale und Roggen) festgestellt. Den Berechnungen des OOWVs dazu sehen wir mit Interesse entgegen. Laut Bewilligungsbescheid von 2013 ist der OOWV verpflichtet, die Ergebnisse seiner Beweissicherung bis zum 30.03. des Folgejahres auf seiner Internet-Seite zu veröffentlichen.

Übrigens haben wir zur Beweissicherung 2014 keine Veröffentlichung gefunden – auch wenn es 2014 wegen passender Niederschläge möglicherweise keine oder nur geringe Ertragsdefizite gab, sollten die Begutachtungen und Berechnungen dazu sicherlich trotzdem einsehbar sein…

Es ist für uns müßig jedesmal zu fragen, wo wir das jetzt durchsetzen können: beim OOWV oder beim Landkreis als Aufsichtsbehörde? Oder ist gar der Wasserverbandstag als Kontrollinstanz der richtige Ansprechpartner?

 

   
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